Mönchengladbach hat starke städtische Gesellschaften: die EWMG als Motor für Grundstücks-, Immobilien- und Flächenentwicklung, die WFMG als Standorttreiberin und die MGMG als Stimme der Stadt nach außen. Genau hier setzt die Idee an, Doppelstrukturen abzubauen, Prozesse zu vereinheitlichen und Projekte spürbar zu beschleunigen - ohne Rechtssicherheit oder Qualität zu verlieren.

Wo stehen wir heute? (Kurzüberblick)
EWMG – 100 % städtisch; hält u. a. Anteile an Parken MG (100 %), PPG-Nordpark (60,6 %), Flughafen Mönchengladbach (54,75 %) und an der WFMG (51,03 %).
WFMG – Public-Private-Modell: 51,03 % EWMG, 48,97 % lokale Unternehmen/Verbände; administrativ laufen IT/Finanzen/HR bereits über einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der EWMG (Backoffice-Bündelung).
MGMG – 100 % Stadt; Aufgaben u. a. Stadt-/Standortmarketing, Veranstaltungsorganisation und Tourismus.
Warum zusammenführen? Hier drei Gründe
- Tempo & einheitliche Standards - ein Backoffice, ein PMO, ein digitales Set an Prozessen.
- Vergabe- und Rechtsklarheit - Inhouse-Vergaben funktionieren nur bei 100 % öffentlicher Kontrolle und ohne private Kapitalbeteiligung: Das spricht für schlanke, kommunal kontrollierte Strukturen bei Kernaufgaben.
- Marke & Wirkung - ein durchgängiger Auftritt für Standort, Stadtmarketing und Invest-Projekte steigert Wiedererkennung und Effizienz.
Der Rechtsrahmen - was ist erlaubt?
Kommunalrecht NRW: Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung (§ 107 GO NRW) und Beteiligungen in privater Rechtsform (§ 108 GO NRW).
Vergaberecht: Inhouse-Vergaben nach § 108 GWB - u. a. „Kontrollkriterium“, „Tätigkeitskriterium“ (> 80 % für die öffentliche Hand) und keine direkte private Kapitalbeteiligung. Konsequenz: Die heutige WFMG-Struktur (49 % privat) ist nicht inhouse-fähig.
Umwandlungsrecht: Klassische Verschmelzung (Aufnahme/Neugründung) nach UmwG (§§ 1–2 UmwG).
Steuern (Kurzüberblick):
Umsatzsteuer § 2b UStG – Auswirkungen auf interne Leistungsbeziehungen/Shared Services beachten (BMF 12.06.2024).
Grunderwerbsteuer § 6a GrEStG – Konzernprivileg kann Immobilienübertragungen im Rahmen von Umstrukturierungen steuerlich entlasten (strenge Voraussetzungen).
Vier realistische Modelle für Mönchengladbach
Modell A: „Shared-Services + Markenführung“ (sofort erweiterbar)
Was passiert? Ausweitung des bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrags: EWMG übernimmt zentral HR/IT/FiBu/Controlling/Compliance für WFMG und MGMG; gemeinsames PMO, einheitliche Tools/Standards. Die Markenführung wird mit einer Dachmarke verzahnt (z. B. „MG Entwicklung & Marketing“).
Vorteile: Schnell umsetzbar, geringe Rechtsrisiken, sichtbare Effekte bei Kosten/Prozesszeiten; passt zum Status quo der WFMG-Backoffice-Integration.
Achtung: Inhouse-Vergaben an WFMG bleiben wegen privater Anteile ausgeschlossen – bei ausschreibungspflichtigen Leistungen weiterhin Vergabe.
Modell B: Holding „MG Entwicklung & Marketing“
Was passiert? Gründung einer städtischen Holding (100 % Stadt). Unter ihr: EWMG (100 %), MGMG (100 %), die EWMG-Beteiligungen (Parken MG, PPG-Nordpark, Flughafen-Mehrheit), WFMG (als Beteiligung über EWMG).
Vorteile: Einheitliche Steuerung, Konzern-Compliance, gruppenweite KPIs; erleichtert konzerninterne Services/Standards.
Achtung: WFMG bleibt PPP – kein Inhouse. Für echte Inhouse-Vorteile wären spätere Strukturänderungen bei der WFMG nötig.
Modell C: „Marketing-Fusion“ – MGMG → EWMG
Was passiert? Verschmelzung der MGMG (100 % Stadt) in die EWMG (100 % Stadt) per UmwG; Stadtmarketing/Events/Tourismus werden Teil einer starken Entwicklungsgesellschaft.
Vorteile: Voll inhouse-fähig, klare Linie von Standortentwicklung bis Kommunikation; weniger Gremien/Abstimmungsschleifen.
Achtung: Rolle der WFMG als Schnittstelle in die Wirtschaft weiter sauber über Kooperations-/Leistungsvereinbarungen regeln.
Modell D: „Alles aus einer Hand“ – WFMG + MGMG zusammenführen
Variante D1 (sofort): MGMG in WFMG verschmelzen – rechtlich machbar, aber dann wäre private Kapitalbeteiligung in der neuen Marketing-Einheit enthalten → keine Inhouse-Vergaben möglich
Variante D2 (zweistufig, rechtssicher): Zuerst Privatanteile der WFMG erwerben (freiwillig/vertraglich) → WFMG wird 100 % kommunal → dann Fusion WFMG + MGMG oder Umhängen der Aufgaben unter das EWMG-Dach. Ergebnis: eine große, voll inhouse-fähige Einheit für Wirtschaft + Marketing. (Erwerb bedarf Bewertung, Verhandlung, Ratsbeschluss.)
Good-Practice aus anderen Städten
Pforzheim (WSP): „Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim“ als Eigenbetrieb bündelt Wirtschaftsförderung und Standort-/Kongressmarketing – klare Zuständigkeit aus einer Hand.
Bocholt (WfG & Stadtmarketing): PPP-Gesellschaft, 2012 um Wirtschaftsförderung erweitert – Synergien bei Flächen/City- und Tourismusmarketing.
Emden (WFS Emden GmbH): Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing in einer GmbH.
Umsetzung: Schlau in Phasen
Phase 1 (0–6 Monate)
- Ratsgrundsatzbeschluss auf Zielbild, Governance & KPI-Set.
- Ausbau Shared-Services (Backoffice, PMO, einheitliche SLA) – nahtlos an bestehende WFMG-EWMG-Services anknüpfen
- Vergabe-Check: Welche Leistungen sollen künftig inhouse laufen? Wo braucht es weiterhin EU-Vergaben?
Phase 2 (6-12 Monate)
- Marketing-Fusion: MGMG in EWMG überführen (UmwG).
- Einheitliche Markenarchitektur & Content-/Event-Roadmap für Stadt, Standort, Tourismus.
Phase 3 (12-24 Monate)
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Option Holding (B) oder WFMG-Neuordnung (D2) vorbereiten: Bewertung, Verhandlungen mit Privatgesellschaftern, Ratsbeschlüsse, Notar-/Registerprozess.
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Steuer/Immobilien-Check: § 2b UStG und ggf. § 6a GrEStG bei Grundstücks-/Asset-Verschiebungen sorgfältig prüfen.
Chancen & Risiken auf eine Blick
Chancen:
schnellere Projektläufe, weniger Schnittstellen, einheitliche Bürger- und Unternehmensansprache,
höhere Vergabesicherheit (inhouse), klare Verantwortlichkeiten.
Risiken:
politischer/gesellschaftsrechtlicher Aufwand (insb. WFMG-Privatanteile), Change-Management, steuerliche/arbeitsrechtliche Detailfragen (u. a. § 2b UStG). Frühzeitig mit Rechts- und Steuerexpertise flankieren.
Fazit
Der pragmatische Weg: sofort Shared-Services ausrollen und MGMG → EWMG verschmelzen. Parallel entscheidet die Politik, ob Mönchengladbach mittelfristig eine Holding will – oder ob die WFMG durch einvernehmlichen Anteilserwerb in eine 100 % kommunale, voll inhouse-fähige Einheit überführt wird. So kommen wir zügig zu einheitlichen Prozessen, weniger Kosten und mehr Projekttempo – genau das, was BürgerInnen und Unternehmen erwarten.
Quellenverzeichnis:
Stadt Mönchengladbach – Transparenzportal (Gesamtabschlüsse): Zugriff auf 2016–2022. Mönchengladbach
GO NRW (§§ 107, 108): wirtschaftliche Betätigung/Beteiligungen. Recht NRWLexMea
GWB § 108: Inhouse-Vergabe, u. a. Verbot privater Kapitalbeteiligung. Gesetze im Internet
UmwG §§ 1–2: Arten der Umwandlung/Verschmelzung. Gesetze im Internet+1
BMF 12.06.2024 zu § 2b UStG: Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand. Bundesministerium der Finanzen
GrEStG § 6a: Konzernprivileg bei Umstrukturierungen. Gesetze im Internet
EWMG / WFMG / PPG-Nordpark / MGMG – Websites & Steckbriefe: Organisation & Aufgaben. ewmg.deWFMGPPG-Nordpark GmbH
Best-Practice: WSP Pforzheim (Betriebssatzung, Website), WfG & Stadtmarketing Bocholt, WFS Emden. PforzheimWS PforzheimbocholtWFS Emden